Die Geschichte unseres Familienbetriebes ist lang – sehr lang sogar und die im Jahr 1829 gegründete Tischlerei Lesemann dürfte wohl zu den ältesten noch existierenden Betrieben in ganz Lippe gehören. Im Jahr 2007 wurde durch Eileen Wessels ein fast 100 Seiten zählendes Buch verfasst, in dem die Geschichte hervorragend abgebildet wurde. Geschichten über rollende Kugeln auf Treppen oder auch Familientragödien die sich auch abseits des geschäftlichen Teils immer wieder mit dem Tod beschäftigen, lassen wir an dieser Stelle weg und beschränken uns auf die Chronologie der bisher sieben Generationen.


Die 1. Generation.

Conrad Ferdinand Lesemann wurde am 10. September 1803 als fünftes von insgesamt sechs Kindern in Blomberg geboren, zudem hatte er zwei Halbgeschwister aus erster Ehe des Vaters. Leider geht aus keinerlei Dokumenten hervor, welche beruflichen Tätigkeiten Eltern oder Geschwister ausübten, überliefert ist lediglich, dass Konrad der erste Lesemann in der Geschichte war, der eine Tischlerei eröffnete und so begründete er den Anfang einer langen Tradition.

Nach seiner Gesellenwanderung kehrte er im Jahr 1829 nach Blomberg zurück und gründete die erste Tischlerei Lesemann im Seligen Winkel 20. Überdies geht aus der Historie hervor, dass viele Tischlereien Bestattung durchführten, da es zur damaligen Zeit keine speziellen Unternehmen wie z. B. Sarg-Fabriken gab. Die Tischler fertigen die Särge selber an und begleiteten die komplette Zeremonie. Auch Konrad betrieb neben der Tischlerei ein Bestattungsinstitut und begründete somit auch die zweite Tradition der Familie Lesemann.

Darüber hinaus ging er der Tätigkeit eines Küsters in der Klosterkirche Blomberg im Seligen Winkel nach und läutete die Glocken zu Beerdigungen oder Gottesdiensten. Kirchliche Aufgaben zu übernehmen war zur damaligen Zeit eine weit verbreitete Sitte unter den Menschen mit Wohnsitz nahe einer Kirche.

Aus seiner Ehe mit Friederike Henriette Heringlake ging unter anderem Sohn Heinrich August Adolf Lesemann hervor der als Erstgeborener den Betrieb bereits im Alter von 20 Jahren übernahm, nachdem er bei seinem Vater das Tischlerhandwerk erlernt hatte und dieser 1865 verstorben war.


Die 2. Generation.

Heinrich August Adolf Lesemann ist am 5. Dezember 1845 in Blomberg geboren. Anders als sein Vater, unternahm Heinrich keine Gesellenwanderung, da zur Industrialisierung in Deutschland keine Pflicht-Wanderung mehr vorgeschrieben war um einen Meistertitel zu erwerben. Er erlernte das Tischlerhandwerk bei seinem Vater Konrad und hatte somit den besten Meister um alles nur Erdenkliche über diesen Beruf zu erfahren. Konrad soll einen guter, aber auch strenger Meister und Vater gewesen sein. Doch nicht nur als Tischlermeister und Prüfer war Heinrich längst in Blomberg bekannt, auch er übernahm wie sein Vater Konrad, die Arbeit des Küsters. Sogar für die Prinzessin Margarete zu Schaumburg-Lippe leitete er sechs Tage lang das Trauergeläut.

„Nur arbeiten ist nicht gut.“, muss sich Heinrich wohl gedacht haben. Anfang Februar 1870 erwarb er das Bürgerrecht und noch im selben Monat heiratete er seine Liebe, Charlotte Katharine Amalie Krüger. Sie war die Tochter eines Tischlerkollegen und schenkte ihm drei Kinder. Aber vielleicht musste ein Fluch auf den Männern der Tischlerei Lesemann gelegen haben, erst verstarb sein Zweitgeborener mit 9 Monaten, dann seine Frau, nur vier Jahre nach der Vermählung, im jungen Alter von 24 Jahren an Schwindsucht und schließlich auch noch sein Letztgeborenes, 3 Monate altes Baby. Nach Regen kommt Sonnenschein. Diesen Lebensgrundsatz sollte auch Heinrich entdecken, als er die Tochter eines Schuhmachers kennen lernte. Er und Louise Caroline Wilhelmine Pohl heiraten am 17. Oktober 1875. Glücklich verheiratet zeugten sie weitere fünf Kinder.

Gestärkt durch Ehe- und Vaterglück beschloss er, sich weiter in Blomberg zu engagieren. Jetzt nicht allein als Vorbild des Tischlerhandwerks, sondern auch als Pionier der Freizeitgestaltung, um den Heranwachsenden und älteren Menschen eine Perspektive zu bieten. Aus diesem Grund war er 1877 Mitbegründer der Freiwilligen Feuerwehr in Blomberg. Nach Sonnenschein kommt oftmals leider wieder Regen. Wir ähneln uns, sein Vater Konrad musste zwei Frauen zu Grabe tragen und hatte in der dritten Ehe fünf Kinder, wovon zwei kurz nach der Geburt verstorben. Es konnte nicht anders sein, auch Heinrichs zweite Ehe sollte ihm nicht das ersehnte Glück bescheren und er musste feststellen, dass er im Laufe der Jahre sogar drei weitere Kinder betrauern würde.


Die 3. Generation.

Heinrich Friedrich Karl Lesemann wurde am 30. Juni 1870 in Blomberg geboren. Wie es allmählich zur Regel wurde, erlernte auch er das Tischlerhandwerk bei seinem Vater Heinrich Senior. Bis 1898 arbeiten sie eifrig zusammen doch ab hier sollte die Traditionsgeschichte der Familie Lesemann erst einmal umgeschrieben werden. Heinrich Junior heiratete Henriette Louise Konradine Brockmann aus Wellentrup, welche eine gelernte Weiß-Schneiderin war und mit ihrer Schwester über die Dörfer zog, um bei den Einwohnern zu nähen. Schon kurz nach der Hochzeit konnten sie sich als glückliche Eltern eines Sohnes betrachten.

Dann wendete sich das Blatt. Eigentlich war vorgesehen, dass jeder erstgeborene Sohn von seinem Vater, bis dieser in den Ruhestand geht, geleitet wird und dann das Unternehmen übernimmt. Heinrich Junior eröffnete jedoch seine eigene Tischlerei mit Bestattungsinstitut. Aber was bewegt ihn zu diesem Schritt?

Eines Tages erreicht ein Brief des Amtsgerichts die Tischlerei im Seligen Winkel. Auf dem Umschlag war der Name Heinrich Lesemann zu lesen. Unwissend dass der Brief ursprünglich für Heinrich senior vorgesehen war, öffnete Heinrich junior das Schreiben. Nun musste er mit Erschrecken feststellen, dass sein Vater die komplette Tischlerei mit Grundstück seiner Halbschwester Marie vermachen wollte. Empört macht er sich auf den Weg um mit seinem Vater zu sprechen. Dieser war jedoch verärgert darüber, dass sein Sohn ungefragt seine Post geöffnet hatte und schaltete auf stur. Der Familienstreit führte dazu dass ein Grundstück in der neuen Torstraße 96 gekauft wurde. Dort wurde dann im Hintergebäude eines Hauses eine Tischlerei errichtet.

Fortan wurde das Unternehmen Lesemann von der Neuen Torstraße aus geführt und erste Lehrlinge konnten eingestellt werden. Ein klares Indiz für erfolgreiches Geschäftsgebaren.


Die 4. Generation.

Paul Karl Heinrich Lesemann ist am 15. Oktober 1898 in Blomberg geboren. Er erlernte das Tischlerhandwerk, wie schon Generationen zuvor, bei seinem Vater Heinrich Junior in der neuen Torstraße 96. Seine Lehrzeit betrug damals dreieinhalb Jahre. Als 1928 der Bier- und Eiskeller in der neuen Tor Straße 106a gekauft wurden, waren zunächst sehr viele Arbeiten zu verrichten. Das ganze Gebäude wurde umgebaut, um es als Tischlereien nutzen zu können. Außerdem wurden einige neue Maschinen angeschafft, wie z. B. dann Abricht- und Dicktenhobel, die die ersten Arbeitsgeräte waren, die vollständig aus Eisenwaren waren.

Zusätzlich ließen Paul und sein Vater auch ihrem erfinderischen Geschickt freien Lauf. So entstanden eine Kreissäge und eine Schleiftrommel, die größtenteils aus Eichenholz gefertigt wurden. Überdies wurde eine Fräse von einer Firma übernommen, die nur wenige hundert Meter entfernt war und aufgeben musste. Natürlich fanden die alte Bandsäge und Drehbank ebenfalls ihren besonderen Platz in dem neuen Betrieb, beide haben diesen bis heute nicht verlassen.

Mit diesen innovativen Geräten eingerichtet, musste die Tischlerei mit einer Kraft-Stromanlage versehen werden. Nach der Betriebserweiterung konnten endlich wieder Lehrlinge eingestellt werden. Paul legte 1931 vor der Handwerkskammer Detmold zur Lippe seine Meisterprüfung ab, die er mit Bravour bestand. Ermutig durch die Bestätigung ein Meister seines Faches zu sein, entschloss er sich auf alte Traditionen zu setzen.

Bereits 1940 konnte Paul aus dem Krieg zurückkehren. Durch die Tatsache, dass Polen schnell besiegt war und sich die Fähigkeiten des Tischler Meisters auch bei der Führung herumgesprochen hatte, wurde er nach Hause geschickt, um Wehrmacht-Aufträgen Folge zu leisten. Dabei arbeitete er gleich wieder in seinem Betrieb und musste nun Tische und sowie Mannschaftsbetten herstellen.

Nachdem die Generationen zuvor häufiger mit dem Thema Tod konfrontiert wurden als ihnen lieb gewesen wäre, fällt in dieser Generation auf, dass Paul noch immer glücklich verheiratet und eine schöne Zeit auch mit seinen beiden Söhnen verbringen durfte. Am 26 Februar 1974 verstarb er im Alter von 76 Jahren an den Folgen eines Herzinfarkts.


Die 5. Generation.

Am 1. Februar 1929 wurde Kurt Paul Werner Lesemann geboren und übernahm später den Betrieb von seinem Vater, kleiner Traditionsbruch an dieser Stelle, er was der Zweitgeborene. Bevor hier näher auf die Chronologie seines Lebens eingegangen wird, müssen zunächst ein paar wichtige Fakten erwähnt werden. Nur ihm ist es zu verdanken, dass es eine Chronik über die Tischlerei Lesemann gibt. Unermüdlich hatte in vielen Jahren Daten und Fotos zusammengetragen. Teilweise waren das Eintragungen, die aus einer 255 Jahre alten Familienbibel stammen, andere Angaben hat er hartnäckig bei den Kirchen und dem Standesamt recherchiert.

Kurt Paul Werner erlernte das Tischlerhandwerk bei seinem Vater in der Zeit von 1943 bis 1945. Er hatte eine sehr gute aber auch sehr strenge Zeit. Sein aufopferungsvoller Einsatz für sein Handwerk und sein großes Engagement in Blomberg sollte Früchte tragen. 1985 wurde er von dem Fachverband Holz und Kunststoff NRW mit dem silbernen Ehrenbecher ausgezeichnet, 1989 folgte die Ehrung mit der silbernen Verdienstmedaille durch die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe. Doch auch Kurt musste herbe Rückschläge einstecken. Ab 1990 erlitt er drei Herzinfarkte die eine Herzoperation nach sich zogen. Resultierend daraus legte er eine Zwangspause ein und übergab den Betrieb seinem Sohn Walter und gab einige seiner zahlreichen ehrenamtlichen Posten auf. Lässt man Kurt Lesemanns Leben Revue passieren wird man feststellen, dass es über 50 Jahre Ehrenamt und 32 Jahre Selbständigkeit gewesen sind.


Die 6. Generation.

Walter Paul Hermann Ulrich Lesemann wurde am 6. September 1954 in Lemgo geboren. Traditionsgemäß erlernte er das Tischlerhandwerk bei seinem Vater Kurt in der neuen Tor Straße 106a. Schon als kleiner Junge besuchte er oft die Werkstatt, um mit Holz und Hammer zu spielen. Von seinem Großvater bekam er eines Tages eine kleine Bank und einen Hobel geschenkt. Den Tischler-Kittel sowie die Tischler-Mütze nähte seine Oma. Jetzt konnte die Arbeit richtig losgehen. Im August 1969 begann seine Lehrzeit, die im Juli 1972 mit dem erfolgreichen Bestehen der Gesellenprüfung vor der Kreishandwerkerschaft in Detmold endete. Im Anschluss an seine Ausbildung wurde Walter in die Bundeswehr eingezogen und zu einem Fallschirmjäger gedrillt. 1978 legte er seine Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Bielefeld ab.

Auch Walter wurde sehr ausgiebig mit der Kunst des Treppenhaus, ein Markenzeichen der Familie, vertraut gemacht. Er selbst konnte noch einige in Häusern verbauen. Als er aber 1990 den Betrieb von seinem Vater übernahm, musste er bereits seinen Weg als Tischlermeister mit vielen Stolpersteinen und Schwierigkeiten gehen. Mit dem Aufschwung großer Möbelhäuser und der Vorliebe zu industriell gefertigten Kunststoffprodukten, nahm leider ein Teil der traditionsreichen Arbeiten der Tischlerei Lesemann ab. Möbel wurden im Discount-Möbelgeschäft gekauft, Türen und Fenster wurden in Kunststoff verlangt, die der Handwerker nur noch einsetzen musste. Treppen wurden in Neubauten meist aus Metall und Stein errichtet.

Doch Walter hatte Glück. Der Betrieb führte seit der ersten Stunde Beerdigungen durch, bis 1955 wurden die Särge sogar selbst gefertigt. Früher wurden die Trauerfeier noch zu Hause abgehalten, anschließend wurde der Verstorbene mit einem geschmückten Pritschenwagen samt der trauernden Gemeinschaft zum Friedhof begleitet. Walter wollte auf diesem Geschäftszweig aufbauen und so dem Betrieb neuen Wind verleihen. Vorrang legt er also sein Augenmerk auf das Bestattungsinstitut und versuchte es mehr denn je zu etablieren. Es klappte. Das Institut avancierte zu einem sehr gefragten seiner Art und ist bis heute eines der führenden in Blomberg und Umgebung.


Die 7. Generation.

Mario Lesemann wurde am 15. Dezember 1978 in Steinheim geboren. Er erlernte, nicht wie seine Ahnen, das Tischlerhandwerk in dem Betrieb des Vaters, sondern begann seine Lehre bei der Firma Heinrich Klenke in Detmold-Brokhausen. Dadurch bekam er einen den sprichwörtlichen Blick „über den Tellerrand hinaus“. Seine Ausbildung startet im August 1995, die er im Juli 1998 mit Bravour bestand. Als Gesellenstück fertigt er eine zweiflügelige Eingangstür für das Haus seines Großvaters in der neuen Torstraße 96. Aufgrund seiner sehr guten Leistungen wurde er mit einer Urkunde geehrt, die ihn als einen der besten seines Jahrgangs auszeichnet.

Einige Zeit verbrachte Mario noch bei seinem Lehrmeister in Detmold, bis er dann im Jahr 2000 bei seinem Vater anfing. Von der ihm im Blut steckenden echten Handwerkskunst, kann der heutige Inhaber des Unternehmens nur selten etwas zeigen. Ein trauriger Umstand für einen Vollbluthandwerker, doch die industrielle Fertigung lässt sich bekanntlich nicht aufhalten. Daher freut sich Mario auch besonders über Anfragen, bei denen eben noch die wahre Kunst des Handwerks gefragt ist. Im Jahr 2018 übernahm Mario Lesemann dann den Betrieb von Vater Walter und führt die Geschäfte seitdem unverändert fort. Das Kerngeschäft bilden auch heute noch die Tischlerei und das Beerdigungsinstitut. Weitere Informationen zum Leistungsspektrum sind auf den Seiten „Tischlerei“ und „Bestattungen“ zu finden.

Auch Mario Lesemann hat bereits einen Sohn. Ob Luis, geboren am 6. Januar 2007, dann später die achte Generation sein wird? Warten wir es ab.